Courage-Scouts für eine lebendige Demokratie

Demokratie. Das heißt, seine Meinung frei äußern zu dürfen, mit einem Gang zur Wahlurne die Politik mitbestimmen zu können, und vor allem bedeutet sie, frei leben zu können, und keine Angst vor Unterdrückung oder Verfolgung haben zu müssen. Damit eine Gesellschaft tolerant, vielfältig und respektvoll sein kann, und sich eine lebendige Demokratie in ihr etabliert, sollte sich jeder Einzelne in ihr aktiv für sie engagieren.

Um unseren Teil zu einer demokratischen, toleranten und respektvollen Gesellschaft beizutragen, haben wir, 16 Schülerinnen und Schüler des Gymnasium Theodorianum, an einer zweitägigen Ausbildung zu Peer-Coaches teilgenommen. Als „Courage-Scouts“, so unser selbstgewählter Titel, haben wir dann an einem Projekttag in den neunten Klassen das sogenannte Argu-Training selbstständig durchgeführt. Darin haben wir den Schülerinnen und Schülern Strategien zur Begegnung mit Alltagsdiskriminierung vermittelt. Die Gruppen bestanden jeweils aus etwa zehn Schülerinnen und Schülern, die dann von zwei Courage-Scouts im Argu-Training ausgebildet wurden.

Diskriminierung im Alltag ist ein Thema, welches jede Person in unserer Gesellschaft betrifft. Entweder ist man Opfer von ihr, bekommt mit, wie andere darunter zu leiden haben, oder diskriminiert bewusst oder unbewusst selbst andere Menschen. Wenn man in eine Situation kommt, in der man Diskriminierung erlebt oder miterlebt, fühlt man sich oft gelähmt und weiß nicht, wie man handeln sollte. Um dieses Gefühl der Machtlosigkeit in solchen Situationen ablegen zu können, wurde das Argu-Training ins Leben gerufen. Unter dem Titel „WIeDER_SPRECHEN FÜR DEMOKRATIE“ lernt man, wie man andere Meinungen toleriert und akzeptiert, sodass eine demokratische Kommunikation entstehen kann. Wenn sich Meinungen und Aussagen allerdings gegen unsere Vorstellung von Demokratie richten, muss man ihnen aktiv widersprechen. Handlungsmöglichkeiten, effektiv gegen Diskriminierung im Alltag vorzugehen, haben die Schülerinnen und Schüler an diesem Tag durch die Courage-Scouts gelernt.

Konfrontiert mit diskriminierenden Aussagen, die auf Comic-Plakate gedruckt waren, konnten die Schülerinnen und Schüler lernen, wie man konflikt- und gewaltfrei kommunizieren und somit Alltagsdiskriminierung begegnen kann. Um ein besseres Verständnis für die abgebildeten Situationen zu gewinnen, sollten die Schülerinnen und Schüler in Kleingruppen die Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche der diskriminierenden und diskriminierten Person benennen. Mit Ich-Botschaften, in denen man lediglich seine eigenen Gefühle, Wahrnehmungen und Wünsche schildert, und durch die Gesprächsstrategie des Aktiven Zuhörens, mit der man nachfragt, ob man die Aussagen des Gegenübers richtig verstanden hat, wurde den Lernenden vermittelt, wie man für eine offene, tolerante und vielfältige Gesellschaft einstehen kann.

Im sogenannten „Sechs-Farben-Spiel“ galt es dann, die gelernten Strategien spielerisch in einer „Bus-Situation“ ohne vorherige Vorbereitung anzuwenden. So saßen die Lernenden in einem Bus, der aus Stühlen gestellt wurde; ein Courage-Scout war der Busfahrer, der schließlich einen Mitfahrenden diskriminierte. Sechs der Busfahrenden wurden Farbpunkte und Zettel mit der jeweiligen Strategie, die sie benutzen sollten, zugeteilt, und derjenige, gegen den sich die diskriminierende Aussage richten sollte, wurde mithilfe eines Würfels bestimmt. Im Laufe des Spiels wurde deutlich, dass die Schülerinnen und Schüler großes Interesse daran hatten, die gelernten Strategien in der Praxis anzuwenden.

Besonders am Projekt der Courage-Scouts ist, dass wir, die Peer-Coaches, selbst Schülerinnen und Schüler der Oberstufe sind. Wir nehmen keine klassische Lehrerrolle ein, sondern vermitteln den Lernenden Handlungsstrategien im Umgang mit Alltagsdiskriminierung, nach dem Prinzip „von Schülern für Schüler“. So begegnen wir ihnen auf Augenhöhe, die klassische Hierarchie zwischen Schülern und Lehrern wird aufgelöst, damit dann in der Gruppe offen über alles geredet und diskutiert werden kann. Auf diese Weise lernen die Schülerinnen und Schüler nicht nur von den Peer-Coaches, sondern auch von den anderen Mitschülerinnen und Mitschülern und erhalten andere Blickwinkel auf die behandelten Themen. Obwohl die Klassen aufgeteilt wurden, haben die Gruppen als Ganzes sehr gut funktioniert und es sind sehr gute Gespräche und Diskussionen über das Thema Diskriminierung zustande gekommen.

Es war schön zu beobachten, dass es den Schülerinnen und Schülern wichtig war, während des Tages viel Wissen mitzunehmen, um selbst aktiv etwas gegen Diskriminierung unternehmen zu können. Selbst wenn man kaum Erfahrungen mit Diskriminierung im Alltag gemacht hat oder macht, ist es dennoch wichtig, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen, um für Diskriminierung sensibilisiert zu sein. Nach dem Argu-Training sind die Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse nun dazu fähig, selbst ihren Teil für eine demokratische Gesellschaft ohne Diskriminierung beizutragen.

Antonia Kurtovic, Courage-Scout (Q2)